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apocalyptica
apocalyptica

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saitenwechsel
ist
das das ende einer der eigenständigsten metal-kapellen unserer
zeit? apocalyptica sind nach großartigen instrumentalalben
und dem verzicht auf gitarren, bass und (weitgehend) auf drums
nun offenbar endgültig
im mainstream angekommen. ob man in ihrem fall überhaupt
gesang benötigt, um die meist großartigen kompositionen
akustisch darzubieten, ist sicherlich geschmackssache. dass aber
sänger von
pseudo-alternative-bands wie the rasmus oder von den sisters
of mercy für arme (hims ville valo) dafür angeheuert
wurden, ist nur schwer
nachvollziehbar und macht die songs sicher nicht besser.
ihre
stärksten
momente haben apocalyptica immer noch dann, wenn sie sich auf
ihr kerngeschäft konzentrieren: den mix klassischer und
folkloristischer elemente mit melodisch-düsterem metal
("ruska")
– dann blitzt immer wieder alte größe auf.
mit ihrer anbiederung an den allgemeinen rock-standard
laufen sie jedoch gefahr, im einheitsbrei der gothic-rock(metal?)-bands,
wie within temptation oder nightwish unterzugehen. trotz schönem
cover das mit abstand schlechteste apocalyptica-album bislang und
heißester anwärter für den tinnitus aureus 2005.
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arena
pepper's
ghost

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guitars
of the opera
das
jahr ist gerade zwei wochen alt und schon beglückt es den
prog-fan mit einem musikalischen sahneschnittchen, das als würdiger
nachfolger des meisteralbums "contagion" gelten kann,
wenn es auch dessen genialität nicht durchgängig erreicht.
aber allein schon der auftakt in gestalt des furiosen "bedlam
fayre" lässt großes (und heftiges) erahnen.
arena
haben seit ihrem letzten output phasenweise deutlich an geschwindigkeit
und heaviness zugelegt – ohne dabei die typischen attribute
ihres stils, melodisch-dominante keyboards und hohe, klare gitarren über
bord zu werfen. manche passagen erinnern an genesis zu "duke"-zeiten,
der einsatz schneller gitarren und double bass (!) gar an helloweens "keeper"-epen
ohne kastraten-vocals. positiv fällt auch der verstärkte
einsatz von chorgesängen auf, die im falle von "opera
fanatica" titelgemäß sogar einen hauch von "phantom
of the opera" versprühen. dies wiederum ergänzt
perfekt die stimmungsvolle gesamtatmosphäre, die im sehr
schönen, comic-artigen booklet eine gelungene optische
entsprechung findet. vorbildlich!
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kate bush
aerial

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the return of the queen
wer
mich kennt, weiß, dass ich es mit sängerinnen nicht so habe – von
operngöttinnen wie maria callas oder anna netrebko
einmal abgesehen. im rockbereich fallen mir maximal fünf (carla torgerson,
penelope houston, tori amos, kristin hersh und eben kate bush) ein,
die meine uneingeschränkte sympathie genießen. doch letztere
lag
bislang
sowohl kompositorisch wie stimmlich so weit vor allen anderen, dass
sie sich sogar ein mäßiges album, gefolgt von einer 12-jährigen musikalischen
auszeit erlauben konnte, ohne ihre pole position auch nur ansatzweise
zu gefährden.
nach
dieser langen wartezeit und meisterwerken wie "hounds of love" und
vor allem "the sensual world", sowie dem
besten
duett
der musikgeschichte
("don't
give up" mit peter gabriel) lag die messlatte naturgemäß entsprechend
hoch. doch um es vorweg zu nehmen: sie hält dem erwartungsdruck
stand – und das auf eine derart entspannte weise, wie man
es wohl kaum vermutet hätte. zwar enthält das doppel-album
keinen epochalen
überflieger wie "cloudbusting" oder "love and
anger" (für mich zusammen
mit der walkabouts-hymne "the lights will stay on" noch
immer das beste von einer frau gesungene stück aller zeiten),
doch tolle kompositionen schüttelt mrs. bush reihenweise
aus der kehle: das ohrwurmige "king of the mountain",
das wunderschöne piano-stück
"mrs. bartolozzi", dessen refrain "washing machine" ihr
skurrilitäten-kabinett
um einen weiteren eintrag bereichert, oder das episch-schwebende "joanni" als
anspieltipps.
bei
strengem anlegen der maßstäbe
hätte
auch eine einzige (randvoll gepackte) cd gereicht,
aber die doppelalbum-variante ist halt dem konzept geschuldet
und zeit genug zum materialsammeln hatte sie ja. hauptsache,
wir müssen
nicht noch einmal so lange auf das nächste oevre warten – und
vielleicht erfüllt sich jetzt ja sogar der lang gehegte
wunsch nach einer tour...
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coldplay
x&y

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2:20 für die ewigkeit
noch
eine band, die den hohen status festigen muss, den sie sich mit
ihren vorgänger-alben eindrucksvoll erspielt hat.
nach stücken wie "the scientist" und dem überragenden "clocks"
standen coldplay vor einer aufgabe, an denen schon viele andere große
rockbands,
phasenweise selbst ihre großen vorbilder u2, gescheitert sind.
das
ergebnis ihrer bemühungen
klingt etwas zwiespältig:
zwar ist ihnen
mit x&y ein
gutes album gelungen,
das ohne den vergleich
mit seinen vorgängern
sicherlich noch
ein bisschen besser
dastehen würde.
12 ordentliche
bis gute stücke
sind sicherlich
ok für eine
band, die sich
ansonsten mit rohrkrepierern
vom schlage oasis
oder
(früher) suede
um marktanteile streiten
muss. aber ohne den
absoluten
überflieger "fix
you" (der
sich genaugenommen
allerdings gut zweieinhalb
minuten zeit lässt,
um sich als solcher
zu entpuppen) wäre
die platte im berg
der "ordentlichen"
rock-veröffentlichungen
des jahres wahrscheinlich
versackt. gerade nochmal
gut gegangen!
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communic
conspiracy
in mind

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norwegian steel
was
ist denn das? eine vollkommen unbekannte band aus norwegen klingt
auf ihrem debut so perfekt, professionell und tight, dass man
den eindruck gewinnt, hier sei eine combo mit mindestens 10jähriger
tradition
am werk. und erst der stil: die jungs haben offenbar verständnis
und gespür für die großtaten der power-metal-altvorderen
und mischen auf eine sehr eigenständige art die alten helden
sanctuary (vor allem im titelstück),
metal church, vicious rumors ("silence surrounds")
oder amorphis zu ihren elegy-zeiten (das überragende "the
distance")
sowie eine ganze
reihe
anderer
einflüsse,
nicht zuletzt auch die der prog-metal-könige dream theater,
fates warning und queensryche (das riff von "ocean bed" klingt
verdächtig nach "empire"). heftige double-bass-attacken
wechseln sich mit sehr
melodischen, ruhigen
passagen ab
und erzeugen zusammen
eine stimmung
wie auf den
heldentaten
"into the mirror black" oder auch auf lake of tears' geniestreich "headstones":
düster, wuchtig,
melodisch,
groß!
schon jetzt das debut des jahres – nicht nur für die
metalfans, die bei opeth die grunzvocals stören.
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bruce dickinson
tyranny of souls

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bruce rules
etwas
untergegangen in der euphorie über das neue dream-theater-opus
ist das fast zeitgleich erschienene und seit 5 jahren erste solowerk
unseres liebsten (und wohl auch weltbesten) metal-shouters. wie
bei seiner stammformation gilt auch für uns' bruce das alte adenauer-motto:
"keine experimente!" und das ist auch gut so, hat ihn doch
anno
1997 sein damaliges (und einziges experimentell angehauchtes) solowerk "skunkworks" geradewegs
in die musikalische sackgasse geführt.
nichts
davon hier: solides metal-songwriting, wie immer perfekt für
dickinsons beeindruckende stimmliche fähigkeiten
geschrieben (wird der mann überhaupt nicht älter?), das
fans klassischer metallklänge viel freude bereiten wird. insbesondere
die ersten stücke
des neuen albums sind mit eingängigem riffing und großartigen
melodien anschauliche beispiele dafür, wie man einem über
die jahre perfektionierten stil noch neue facetten abgewinnen kann,
ohne einerseits langweilig
zu werden oder sich andererseits krampfhaft um neuerungen bemühen
zu müssen.
gegen
ende fällt die platte mit einigen langsameren tracks in ihrer dynamik
und damit auch in ihrer qualität zwar etwas ab, den insgesamt
positiven gesamteindruck trübt das allerdings kaum. knapp 44 minuten
spielzeit
für die cd
sind
jedoch nach so vielen jahren kreativer solopause definitiv grenzwertig.
andererseits gibt es gerade im metal-bereich genug schlechte beispiele,
bei denen gute platten(ansätze) mit zweitklassigem material aufgefüllt
wurden.
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dream theater
octavarium

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on the 8th day god created dream theater...
tja,
was soll man sagen: nach dem ausflug in dunklere und härtere metallische
gefilde (nicht nur auf dem cover von "train of thought")
scheinen dream theater mit den acht stücken ihres achten
opus magnum zu ihren progressiven wurzeln
zurückgekehrt –
und das gleich in mehrfacher hinsicht.
doch
fangen wir vorne an: beim hartmetallischen opener "the root
of all evil" denkt der geneigte
hörer zunächst noch, es ginge ansatzlos so weiter wie auf
der letzten scheibe und tatsächlich: mit einer direkten textlich-musikalischen
fortsetzung von "this dying soul" (nummeriert als kapitel 6
und 7) und damit auch von "the glass prison" (von "six degrees...")
ist das stück
bewusst als bindeglied zwischen vorgänger
und aktuellem album konzipiert worden.
doch
dann wird (fast) alles anders: die ballade
"the answer lies within" fährt den hörer zunächst
auf ruhepuls-niveau herunter bevor mit dem prog-kracher "these
walls" das album nach
mehl als 15 Minuten eigentlich erst richtig beginnt. melodie, technik
und
gesang bewegen sich hier auf einem niveau, das seit dem weggang
von neal morse bei spock's beard wohl keine andere band in dieser
perfektion
mehr erreicht und mit dem die fünf
unterstreichen,
warum sie seit mehr als 15 jahren das maß aller dinge in
ihrem genre darstellen. eine tiefe verbeugung vor so viel musikalischer
genialität. und gleich im nächsten track zeigen die progressivkünstler
quasi im vorbeigehen allen "normalen" gitarrenbands, wie
man es machen muss,
und spielen
mit "i walk beside you" das beste u2-stück, das
u2 nie geschrieben haben.
nach dieser kurzen erholungspause hauen sie mit dem
programmatisch betitelten "panic attack" dem hörer ein prog-metal-feuerwerk
um
die ohren, das selbst watchtower zu ihren besten zeiten nicht heftiger
hätten zünden können. massive kost, die man nicht mit kopfschmerzen
hören sollte, die aber bei mehrfachem durchlauf unglaublich viele
facetten offenbart. das musikgewordene gegenstück zu dem, was der
ami "elevator music" nennt.
mit ähnlicher
schlagzahl geht's weiter: auch "never enough" ist
ein prog-gewitter vom allerfeinsten, das allerdings gegen das übermächtige
"these walls" etwas untergeht. dennoch gewohnt hohe qualität.
beim nächsten track "sacrificed
sons" drücken die jungs für meinen geschmack etwas zu
sehr auf die (amerikanische) tränendrüse. das thema haben
marillion schon vor 25 jahren mit "forgotten sons" überzeugender
vermittelt, aber selbst ein schwächeres
stück auf
diesem album wäre für fast alle anderen bands eine zierde.
so wird
allerdings der qualitative unterschied zum hauptwerk und titelstück
noch deutlicher, das mit exakt 24 minuten fast ein dritttel
des
albums
ausmacht
und eine einzige hommage an die großen helden des prog ist
(und damit auch an meine eigenen, das will ich nicht verhehlen).
alle
– wirklich
alle – von rang und namen werden musikalisch (und im weiteren
verlauf auch textlich) gewürdigt, mit passagen, die zwar von
dream theater geschrieben wurden, aber im stil so charakteristisch
gehalten
sind, dass dem kundigen prog-fan sofort auffällt, wem dort gerade
die reverenz erwiesen wird. pink-floyd-space-intro, orgeln à la
70er-jahre genesis, marillion-keyboardläufe,
spock's-beard-akustikgitarren – dream theater öffnen in
diesen 24 minuten ein füllhorn, dessen inhalt die vergangenen
35 jahre prog-geschichte in einem einzigen track verdichtet – und
das zudem inspiriert, gleich
danach auch mal wieder die alten (und noch immer nicht angestaubten)
klassiker des genres aufzulegen. so schön und so kompakt
hat noch
keine band den spirit dieser musik zusammengefasst: ein im wahrsten
wortsinn historisches meisterwerk! und im text von teil 3 setzen sie
dieser würdigung auch noch lyrisch die krone auf:
sailing on the seven seize the day tripper diem's ready
jack the ripper owens wilson phillips and my supper's ready
lucy in the sky with diamond daves not here I come to save the
day for nightmare cinema show me the way to get back home
again.
zitat ende.
ich geh jetzt "octavarium" hören...
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eric fish
zwilling

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stiller
schrei
kurz
nach dem im blockbuster-stil gehaltenen neuen sally-opus kommt
uns' eric mit seinem zweiten soloalbum (und seinem ersten studiowerk)
eher
autorenfilm-mäßig daher. wie man es auch von seinen
marathon-solo-(trio-)auftritten kennt, ist die instrumentierung
auf einige akustikgitarren
und ein klavier
beschränkt und verleiht den meist nachdenklich-traurigen
stücken
die art von intimer atmosphäre, die wir an seinen konzerten
so schätzen. zwar kann "zwilling" nicht ganz mit
dem überragenden
live-erstling mithalten, was zum einen am studiocharakter
der aufnahme liegt und zum anderen am fehlen solcher überstücke
wie "im spiegel" oder dem csny-cover "winchester
cathedral",
die
"auge in
auge" zur einer der besten deutschsprachigen platten der
letzten jahre gemacht haben. "am strand" hätte
so ein meisterstück
werden können und live gespielt ist es ein absolutes highlight
seines
sets. leider singt er das lied auf dem album im duett mit einer
sängerin, deren stimme derart elfengleich hoch ist, dass
ihr gesang
zwar vermutlich die zillo-fraktion begeistert, das rezensentenohr
aber eher anstrengt. das songwriting des stücks ist allerdings über
jeden zweifel erhaben, was mit einer
einschränkung (s.u.) auch für
die
übrigen, weitgehend selbst
geschriebenen tracks gilt (nur "es kommt der tag" ist
komplett vom verstorbenen gerd gundermann, einige texte sind von
sts-cheflyriker bodenski). lediglich "schönheit" ist
ein ziemlicher langweiler und zündet auch live nicht so richtig.
lieder wie "komm mit
mir", "es kommt der tag" oder der live-klassiker "schneewittchen"
allein
lohnen jedoch schon die anschaffung. verlangt "nord nord
ost"
eher nach
einem
stadion,
ist "zwilling" perfekt für's kammerkonzert.
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in extremo
mein rasend herz

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ich bin doch nur ein spielmann...
nach
dem letzten album "7" und der ersten neuen single
"nur ihr allein", die mehr nach "onkelz-meets-hosen-meets-eine-spur-folk"
klang, musste man ja beinahe die endgültige hinwendung zum rock-mainstream
befürchten. aber nichts dergleichen: "mein rasend herz" wandelt
mit seinem "klassischen" in-extremo-mix aus mittelalterlich
angehauchten klängen, ohrwurmmelodien und rifflastigem rock mittelharter
gangart eher auf dem terrain des bisherigen meisterwerks "sünder
ohne zügel".
mit mittelalter-hymnen wie "raue see", bardenklängen à la "wesserbonner
gebet" oder folkrockern, wie dem vor allem in der deutschen version
überragenden "liam", perfektionieren sie ihren stil – zwar
ohne für große überraschungen zu sorgen, aber auch
ohne dem fan irgendwelche
schwer nachvollziehbaren stilwechsel zuzumuten (s. subway to sally
2003).
fazit:
ein hochklassiger und damit würdiger nachfolger
für "sünder
ohne zügel" – ohne echte ausfälle (wenn man
von den verunglückten
weiblichen vocals in "horizont" und den melodielosen strophen
von
"macht und dummheit" absieht, die allerdings durch den
grandiosen chorus mehr als wettgemacht werden) und mit etlichen highlights
(s.o.),
die
als zukünftige klassiker des live-sets
schon
vorprogrammiert
scheinen.
textlich
gibt's sicherlich ausgefeilteres aber allein für die zeile "auferstanden
aus ruinen – werden wir verehrt und angespien" muss man
den potsdamern zwangsläufig den retro-lyrik-ehrenpreis der werktätigen
verleihen.
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kettcar
48
stunden (single)

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mach
immer, was dein herz dir sagt...
sie
sind wieder da! nach dem deutschsprachigen meisterwerk des jahres
2002 haben die hamburger endlich die neue platte am start und
veröffentlichen mit "48 stunden" eine vorab-single,
die die wartezeit bis zum 7.3. unendlich lang erscheinen lässt:
ein wunderbar kitschfreies, ruhiges songjuwel mit toller melodie
und gewohnt hochklassigem text. und auch die bonustracks lohnen
die anschaffung: selbstironie rules – daumen hoch!
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kettcar
von spatzen und tauben,
dächern und händen

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das
ist unsere zeit – ich bin dabei gewesen
die
einzige deutsche band, bei der kinderchöre nicht kitschig
und textzeilen wie "manche sagen, es wär einfach, ich
sage, es ist heikel, du bist new york city und ich bin wanne-eickel" nicht
banal klingen – allein das
wäre schon
preiswürdig. textlich und musikalisch knüpfen die hamburger
dort an, wo sie mit
ihrem grandiosen erstling aufgehört haben: auch die neue
cd hat mit dem typischen kettcar-mix aus rock und melancholie
wieder einige
potentielle klassiker am start, allen voran der götterriff-gesegnete
opener "deiche", das grandiose, an coldplay erinnernde "ausfahrt
zum haus deiner eltern" und
die wundervoll-melancholischen balladen "48 stunden" (s.u.)
und
"nacht".
die
einflüsse alter indie-helden ihrer jugendzeit,
wie smiths oder new order, schimmern dabei immer mal wieder angenehm
durch. leider ist das ganze mit gut 41
minuten
etwas kurz geraten und die beiden
schönen
bonustracks der single hätten ja auch noch locker draufgepasst.
stücke wie "stockhausen, bill gates und ich" müsste
man jedenfalls allen pur- und rosenstolz-fans in ihre
schrottverstopfen
gehörgänge hämmern...
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kino
picture

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the
cinema show
sideprojects
sind eine zweischneidige sache: entweder sie sind deutlich schlechter
als die outputs der hauptbands ihrer mitglieder – dann muss
man die sinnfrage des sideprojects stellen – oder sie stellen
manche (oder alle) letzten outputs der hauptbands in den schatten – dann
könnte deren fortbestand gefährdet sein. doch im idealfall
gibt es auch noch den mittelweg, der durch eigenen stil(mix) die
musik der hauptbands ergänzt und den fan derselben mit weiteren
guten scheiben beschert. das perfekteste beispiel aus jüngerer
zeit sind sicherlich transatlantic, die mit ihren beiden cds nur
deswegen die existenz der hauptbands ihrer mitglieder (dream theater,
spock's beard, marillion und flower kings) nicht gefährdeten,
weil bereits diese auf einem so hohen niveau platten veröffentlichten
(ausnahme vielleicht die überschätzten flower kings und
marillion in ihrer kreativen krise ende der 90er), dass davon keine
unmittelbare gefahr ausgehen konnte. aber allein ohne die mannigfachen
seitenaktivitäten der offenbar noch immer nicht ausgelasteten
dream-theater-mitglieder wären uns auch solche prog-perlen
wie die erste platypus, die beiden explorers club und vor allem
das instrumentalprog-meisterwerk liquid tension experiment 2
vorenthalten worden. doch
genug des exkurses: auch beim debut des neuen projekts "kino",
das erstaunlicherweise vollkommen ohne dream-theater-mitglieder
auskommt, dafür aber mit pete trewavas (marillion, transatlantic)
und john mitchell (arena) sowie mit zwei eher unspektakulären,
aber dennoch guten und erfahrenen musikern von porcupine tree und
it bites glänzt, gilt: hochkarätige musiker kreieren ein album,
das fans ihrer hauptbands garantiert erfreuen wird. mainstreamiger
als marillion und weniger rockig als arena auf ihren letzten cds
mixen kino einfallsreich und gekonnt anspruchsvollen rock mit anleihen
moderner prog-sounds. gleich der 9-minuten-opener "losers
day parade" ist schon jetzt eines der prog-highlights des
jahres und hätte auch von transatlantic stammen können.
die nächsten beiden tracks kommen zunächst recht mainstreamig-poppig
daher, mit einem typischen saga-keyboard-intro bei "telling
me to tell you" bevor john mitchells gitarre, die immer mehr
nach steve rothery zu seinen besten zeiten klingt, und schöne
keyboardläufe beiden stücken eine wendung zum besseren
geben.
song
4, das witzige "swimming in women" könnte
mit seinem piano-intro auch ein ruhiges stück von carter usm
(!) sein. das großartige "people" überzeugt
mit marillion-artigem spannungsaufbau und dem richtigen maß bombast
und auch die halbballade "all you see" mit ihrem rothery-artigen,
keyboard-unterstützten gitarrenpart und der in den höhenlagen
an hogarth erinnernden vocals hätte ebenso auf eine (gute)
marillion-platte gepasst. "perfect tense" klingt dann
etwas zu sehr nach 80er-jahre-aor, geht aber zumindest recht gefällig
ins ohr. "room for two" orientiert sich ebenfalls
an klassischem rock, allerdings ist der mehrstimmige refrain
doch
sehr konventionell geraten.
proggiger
wird's erst wieder bei "holding
on", dessen sehr schönes akustikgitarren-intro angenehm
an queensryches "silent lucidity" erinnert und das sich
mit tempowechseln, steigender spannungskurve und bombast-keyboards
zu einem echten prog-rocker entwickelt. das kurze balladeske "picture" beschließt,
gewissermaßen als abspann, stimmungsvoll den musikalischen
kinobesuch.
fazit:
gemäßigt proggiger rock, dessen exzellente interpreten
sich gekonnt und einfallsreich im unerschöpflichen fundus der neueren
musikgeschichte bedienen und uns einige stücke präsentieren, die
die dauerrotation im cd-player wahrlich
verdient haben: "losers day
parade" hätte angesichts seiner qualitäten eigentlich "winners
day prade" heißen müssen. fast schon selbstverständlich,
dass die jungs mit diesem material auch live überzeugten,
im vorprogramm von spock's beard ebenso wie auf der kurzen
bonus-live-dvd, die der limited edition beiliegt.
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neal morse
?

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keine
fragen!
das haben wir bei neal morses mittlerweile drittem solowerk seit
seinem ausstieg bei spock's beard (und seinem insgesamt fünften) befürchtet:
ein weiteres kapitel der "wie ich zu gott fand, wie glücklich ich jetzt
bin und wie großartig ER ist"-geschichte, zwar untermalt mit proggigen
klängen in gewohnt hochklassiger morse-manier, aber auf grund seiner
textlichen eindimensionalität auf dauer doch recht ermüdend.
und das haben wir bekommen: ein proggiges meisterwerk, das mühelos
mit der ersten "testimony"-cd mithalten kann und nicht nur wegen
der beteiligten musiker (u.a. mike portnoy und roine "poser" stolt)
beinahe als "transatlantic-revisited" durchgehen kann. dass selbst
genesis-gitarrenlegende steve hackett (!) seinen beitrag leistet,
wertet ein album zusätzlich auf, das aufwertung durch externe kräfte
eigentlich gar nicht nötig hätte – untermauert es doch einmal
mehr die bereits bekannte tatsache,
dass die treibende kreative kraft bei spock's beard immer
neal morse war.
zwar finden sich auch auf "?" wieder reichlich texte und songtitel,
die die begriffe "god" und "temple" enthalten, aber die story, die
morse auf dem konzeptalbum erzählt,
ist eher eine archäologisch-spirituelle suche nach biblischen altertümern
(klingt seltsam, macht aber im zusammenhang mit der musik durchaus
sinn) als eine weitere erweckungsgeschichte.
und
dann die tracks: nach klassischer konzeptalbum-tradition ineinander
übergehend, präsentiert der meister musikalische
leckerbissen in einer dichte, wie man sie selbst auf den beard- und
transatlantic-meisterwerken nicht immer findet. wechsel zwischen
schnell und sachte, ruhig und rockig nehmen den hörer mit auf eine
reise, bei der sich hinter jeder weggabelung eine neue welt erschließt
– eine welt voller bombast-passagen, piano-melodien, marillion-düdel-keyboards,
götter-gitarrensoli, alles gebettet auf dem festen grund von mike
portnoys ausnahmedrumming. bitte unter "essential prog" einsortieren,
hinstellen, augen zumachen, arme ausstrecken und die gänsehaut hochkriechen
lassen!
es scheint, als habe das mit arenas "pepper's ghost" und dream theaters
"octavarium" so großartig verlaufene progjahr 2005 seinen finalen
höhepunkt erreicht!
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new
model army
carnival

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der zornige fünferrat
das
fängt ja gut an: drei takte gehört und man fragt sich,
ob man eine army-platte von 1985 oder 2005 eingelegt hat. der
erste teil von "water" erinnert in seinem minimalistischen
stil frappierend an frühwerke wie "spirit of the falklands" oder "vengeance",
bevor
dann eine
sphärische passage marke "navigating by the stars" erklingt
und so gekonnt altes und neues verbindet. ein schöner opener,
der zu weiteren typischen army-stücken überleitet: engagierte
texte über
orientierungslosigkeit
("bd
3"),
flüchtlinge
("another imperial
day")
und afrikanische bürgerkriege
("red earth") im charakteristischen nma-indierock-gewand.
zwar
hat man zunächst das gefühl, als ob die helden des
wütenden politrock
etwas müde geworden
sind,
bewegen
sich
die
meisten
tracks doch eher im unteren drittel der geschwindigkeitsskala.
doch
bei mehrmaligem hören offenbart sich gerade darin die intensität
des albums,
die tracks wie "another imperial day" oder vor allem
das album-highlight
"red earth" tief ins akustische gedächtnis eingräbt.
beim finale von "red earth" zeigt sullivan einmal mehr,
dass er in 25 jahren nichts
von seiner wut und überzeugung eingebüßt hat – nur
die vermittlung geschieht mittlerweile subtiler und kanalisierter.
doch
bei aller musikalischen konstanz wagen sich die fünf bradforder mit
dem geradezu
"proggig"
daherkommenden
"bluebeat" sogar
in (rhythmisch) experimentelle gefilde vor. als musterbeispiel
für konsequent entwickelten und verfolgten stil (ohne sich
in endlosen neuaufgüssen
zu wiederholen), fügt die army mit "carnival"
ihrer sammlung hochklassiger veröffentlichungen eine weitere
hinzu. allein
für die
o.g. stücke
lohnt sich der kauf,
doch auch tracks wie "island " oder "fireworks night" sind
es wert, häufiger gehört zu werden.
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new model army
live 161203

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no rest for the wicked...
lang
erwartet, endlich da: die erste live-dvd der army begeistert mit
professionellem bild und klang, einer immensen spielfreude
der band und einer hochkarätigen songauswahl, die von "no
rest" bis
"orange tree road" (fast) die gesamte schaffenszeit der
indpendent-rock-legende umspannt. mit "ocean rising" ist
zudem noch der beste track von sullivans solo-meisterwerk vertreten,
so dass kaum noch ein wunsch offen bleiben
dürfte. wirklich vermisst haben wir höchstens sullivans
großartige widerstandsballade "snelsmore
wood".
als
bonus kredenzen uns die kritischen briten noch eine audio-cd
mit einem teil des konzerts (leider keine doppelscheibe mit dem
gesamten
gig) –
ein service,
von
dem sich
abzieher
marke
dream theater und co. mal eine scheibe abschneiden könnten:
die verkaufen nämlich live-dvd(s) und -cds immer noch getrennt – zum
doppelten preis, versteht sich.
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opeth
ghost reveries

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progressive finsternis
nach
den beiden kurz hintereinander veröffentlichten und extrem unterschiedlichen
scheiben "deliverance" und
"damnation" fragte man sich zurecht, wohin opeths weitere musikalische
reise
gehen würde. eher progrockig-entspannt wie auf letztgenannter oder
härter und death-orientierter im stil des erstgenannten albums? die
antwort ist
einfach: die rückkehr zum bewährten und einzigartigen opeth-mix aus
beiden elementen, wie ihn die schweden auf "blackwater park" bereits
perfektioniert hatten.
auf "ghost reveries" machen opeth
mit vier tracks
jenseits der zehn-minuten-grenze, akustikgitarren und keyboard-teppichen
ihre prog-ansprüche ebenso deutlich wie mit diversen härteren passagen
und immer wieder eingestreuten grunzvocals ihre verbundenheit zum
todesblei-genre. für einen progfan mit hohem deathmetal-toleranzfaktor
kann "ghost reveries" als weiterer beleg für die herausragenden technischen
und kompositorischen
fähigkeiten
der band und ihres masterminds mikael akerfeldt dienen, eröffnet
es doch die möglichkeit zu einer langen akustischen reise in dunkle
gefilde, die den reisenden immer wieder aufs neue fordert, ihn aber
im gegenzug mit musikalischen erlebnissen auf höchstem niveau belohnt.
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spock's
beard
octane

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92
oktan
tja,
welchen maßstab soll man hier ansetzen: die letzte,
streckenweise arg misslungene "feel euphoria" oder
doch die grandiosen meisterwerke der neal-morse-ära? der
beginn ist zumindest schon mal viel versprechend: in "the
ballet of the impact" rocken die jungs zunächst los
wie zu alten zeiten, bevor sie mit einigen ruhigen klavier- und
flötentönen
ein sehr schönes,
eher melancholisches stückchen musik einläuten. der
song könnte von den neueren marillion sein, das intro ist
ganz klar beard und die flöten klingen nach alten genesis – insgesamt
sehr gelungen.
"i wouldn't let it go", der 2. track, schleppt sich
dann allerdings ziemlich dahin: nicks stimme erinnert passagenweise
an john bon
jovi – was
nicht
unbedingt
schlecht
sein
muss, aber
die melodie klingt am anfang und auch im refrain etwas zu sehr
nach amerikanischem
mainstream-rock. schweineorgel und streicher geben dem song im
weiteren verlauf noch einen atmosphärischeren charakter,
das gesprochene und mit einer kinder-spieluhr untermalte outro
ist
seltsam, aber
ok.
schweinerock
mit vocoder-verzerrter stimme wird dem hörer im erwartungen
schürend "surfing
down the avalanche" betitelten track 3 geboten. versuchte
aggressivität
und heaviness können aber über
das schwache
songwriting
ebenso
wenig
hinwegtäuschen
wie die passagenweise eingesetzte led-zep-schrammelgitarre,
und auch
die eher beard-typischen breaks retten den track nicht.
insgesamt ein "beard meets led zeppelin und nine inch
nails nach missglücktem drogentrip". muss man nicht
haben. der start von
"she is everything" erinnert mit seiner lautsprecherdurchsage
sehr angenehm
an den von "operation
mindcrime" und auch der sich langsam steigernde rhythmus
verheißt
spannung.
die gesangslinie könnte übrigens, wie schon bei track
1, von marillion zu hogarth-zeiten stammen. spätestens
bei bridge und chorus kommt
jedoch wieder (un)gepflegte
mainstream-langeweile auf. hier wurde die chance vertan, mit
einem
kracher-refrain das stück zu einem klassiker zu machen.
so wurde es leider eine leicht schnulzige rockballade mit standard-schnarchbluesrhythmus.
wenigstens gegen ende schafft alan morse noch eine kleine steigerung
mit einem sehr rothery-mäßigen gitarrensolo. dennoch
schade: hätte
großartig
werden können...
"climbing
up that hill" ist ein
etwas flotterer mainstream-rocker, der leider seinen schwächsten
moment wieder einmal bei bridge und chorus
erlebt. was ist los? wo bleibt der höhepunkt unter all
den guten ansätzen? dass nicks stimme phasenweise nach
ozzy(!) klingt, ist sicherlich zufall. das nächste stück
ist eigentlich überflüssig
und dient lediglich als schwebe-keyboard-überleitung
zum zweiten highlight der platte:
"of
the beauty of it all" trumpft
mit all den elementen auf, die wir von beard so lieben: vertrackte
rhythmen, atmosphärisch dichte steigerungen, tempiwechsel
und ihr charakteristischer keyboard-gitarren-sound. dass
dabei eine
passage an den herr-der-ringe-soundtrack erinnert, tut der
freude keinen
abbruch - im gegenteil: das stück hätten wir gern
länger
gehabt!
sehr "beardig" geht's beim instrumental "nwc" gleich
weiter: leicht schräge prog-sounds vom feinsten, allerdings
zunächst
in etwas
gemächlicherem grundrhythmus. back to mainstream dann in
track 9: auf dauer nervt der
08/15-4/4-takt, die vocals klingen etwas dünn und die melodie
könnte auch von der hooters sein. trotz schöner orgel
und gitarre nur
ein "ganz nett". das grauen bekommt schließlich
einen namen auf track 10: schlechtes 80er-gitarrenriff trifft auf
noch schlechteren
warrant-chorgesang
(kennt die eigentlich noch jemand?). im weiteren verlauf wird's
zwar etwas erträglicher, aber die keyboardläufe klingen
uninspiriert und die chöre nach magellan für brückenpenner.
streichresultat.
"watching the tide" wandelt erst mit piano, später
mit streichern auf balladesken pfaden und erinnert nicht nur
im titel an "here
comes the flood" von peter gabriel, ohne allerdings auch
nur annähernd dessen
dramatik zu erreichen. die melodie ist dafür zu vorhersehbar,
passt aber sehr gut zu nicks
stimme.
insgesamt ein recht schönes
stück. aber warum muss man danach dann mit abgedroschenem
hardrock-geriffe wieder einen auf dicke hose machen? solche musik
wie bei "as
long as we ride" funktioniert nur mit killerriffs und -refrains
à la
"paradise city", davon ist hier allerdings nichts zu
spüren.
klare schwächen im abschluss.
insgesamt
beschleicht einen leider das gefühl, nick d'virgilio
hätte deutlich mehr
zeit mit dem schreiben und einspielen seiner gesangslinien
als mit dem drumming verbracht. letzteres wirkt oft
viel zu simpel
und
wird
seinen grandiosen
fähigkeiten
an diesem instrument nur phasenweise gerecht. dennoch
gefallen die instrumentalpassagen oft besser als die
gesungenen parts,
was nicht an nicks stimme liegt, sondern an den ebenfalls
oft zu simplen und vorhersehbaren melodielinien.
fazit
an der tankstelle: kein zweitakter-sprit wie noch auf "feel euphoria",
aber auch kein kerosin marke "v" oder "the
kindness of strangers".
die zapfsäule von
"octane" enthält leider zu viel normalbenzin,
so dass man das gefühl nicht los wird, spock's beard könnten
sich noch immer
nicht zwischen prog-anspruch und mainstream-kommerz entscheiden.
bei
letzterem
muss man sich
allerdings fragen: wer braucht 20 jahre nach der großen
zeit von journey und co. noch eine "neue" band
aus diesem sektor, selbst wenn sie technisch noch
so gut ist?
nachtrag:
die "limited edition"
mit 27-minütiger
bonus-cd ist keine
kaufempfehlung sondern
absolute kaufpflicht,
enthält sie doch
mit dem atmosphärischen,
leicht 80er-mäßigen
und später progrockigeren
"follow me to sleep"
einen
track,
der
es nicht nur verdient
gehabt hätte, auf
der eigentlichen
cd untergebracht
zu werden, sondern
dort sogar zwingend
hingehört. eigentlich
unglaublich, dass
solche stücke angesichts
von rohrkrepierern
marke "the planet's
hum" auf der zugabeplatte
versteckt werden.
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subway
to sally
nord
nord ost

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bombastorchester auf arktistour
ist
das jetzt der von vielen erhoffte befreiungsschlag nach dem musikalischen
offenbarungseid? die antwort fällt zwiespältig
aus: ja, der proletenbratzrock marke rammstein wurde auf ein sozial
verträgliches maß zurückgefahren, die stücke
haben ausnahmslos erkennbare (und meist gefällige) melodien
und die texte sind zwar immer noch ziemlich depressiv, aber ungleich
besser (ausnahmen: "sieben", "sos")
als auf dem
engelskrieger-ausfall.
dafür wurde mit verstärktem keyboardeinsatz
und gesampeltem mönchsgesang zwar versucht, atmosphäre
zu generieren, was mal mehr ("feuerkind") mal weniger ("s.o.s.")
gelingt, aber leider
über weite strecken den eindruck
vermittelt,
man
wollte ein stück des eigenen sounds dem derzeit so angesagten,
aber oft blutleeren
nightwish-/within-temptation-bombast-gothicrock opfern. der jüngeren
zielgruppe, die vermutlich auch die oben genannten bands mag, wird's
recht sein,
dem fan, der vor allem die bisherige eigenständigkeit der potsdamer
mochte, eher nicht. außerdem sind gerade mal 8 echte stücke
(wenn man das kurze intro und das ebenfalls kurze instrumental nicht
mitzählt) bei lediglich 42 minuten spielzeit ziemlich geizig.
dass das beste stück der aufnahmesessions, "kaltes herz",
ein schattendasein als single-b-seite fristen muss (s.u.), bleibt
angesichts
dessen vollkommen unverständlich.
dennoch: "nord
nord ost" ist
trotz gnadenloser überproduktion
ein gutes
album, meilenweit
besser
als
das letzte
und in etwa auf
dem niveau von "hochzeit". die klasse der subway-meilensteine
"foppt den dämon" oder "herzblut" erreicht "nord
nord ost" hingegen
ebensowenig wie die des kürzlich erschienenen in-extremo-meisterwerks.
nachtrag:
bis auf "feuerland" und "s.o.s." (zum glück nicht gespielt), entpuppten
sich alle neuen tracks als live-kracher – wesentlich
härter und knackiger vorgetragen. und "das rätsel II" ist schon
jetzt die neue hymne.
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subway to sally
sieben (single)

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die glorreiche(n) sieben?
nein,
hier kommt jetzt keine "hoffentlich klingt die neue nicht
wie die sch**ß-engelskrieger"-polemik. das letzte album
war weitgehend schrott. abgehakt. die ersten töne der neuen
vorab-single hingegen klingen wie die
art von musik, die man sich auf den konzerten immer wünscht: ohrwurm-intro
mit folkig-mittelalterlichem touch und dann tanzbarer rock mittleren
härtegrades. dank erics stimme funktioniert das rezept verlässlich,
auch wenn der 4/4-takt bisweilen etwas monoton daherkommt. schöner
rock-disco-reißer, der allerdings an das geniale "veitstanz" nicht
heranreicht.
noch
besser sind die (unverständlicherweise nicht
auf dem album enthaltenen) bonustracks: "kaltes herz" begeistert
mit großartiger atmosphäre, schöner
melodie und tollem text. auch das instrumental "jericho" vermittelt
mit seinen posaunenklängen
einen
"reise in die vergangenheit"-effekt, den wir früher
bei sally-produktionen immer sehr zu schätzen wussten. ob man
eine instrumentalversion von
"sieben" unbedingt haben muss, ist sicher geschmackssache.
ein ordentlicher gegenwert für 5 euro ist das ganze jedenfalls
allemal. |
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