die cd-ausbeute 2006

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and you will know us by the trail of dead

worlds apart

worlds apart

 

 

back to the future?

ha'm wir wieder 92? sind kurt cobain, layne staley und all die anderen wieder am start und rocken horden von flanellhemdträgern mit zerrissenen jeans in kleinen clubs und treten dabei dem us-establishment kräftig in die sensiblen körperteile? ja – und nein. die jungs mit dem langen namen schicken sich an, eine halbe generation (x) später die großen heroen des grunge zu beerben und verpassen dieser uns so vertrauten musik eine frischzellenkur, wie man sie nicht mehr für möglich gehalten hätte.

während truppen wie bush, live oder creed die ansätze von pearl jam und co ins stadionrock-format übertragen haben (und dabei meist nicht mehr als je ein gutes album zustande brachten), haben trail of dead mit weniger hochglanz und mehr abwechslungsreichtum den ursprünglichen geist des grunge dort aufgefangen, wo er her kam: in verrauchten clubs und kleinen hallen. gleichzeitig erweitern sie das spektrum durch so viele verschiedene musikalische einflüsse, dass man mit dem aufzählen kaum nachkommt.

auf dem bereits anfang 2005 erschienenen "worlds apart" (vielen dank an sven, anne und georg!) klingt die truppe einerseits so engagiert wie nirvana zu ihren besten zeiten (was nicht zuletzt auf die leicht brüchige, kurt-cobain-ähnliche stimme von sänger conrad keely zurückzuführen ist) und zeigt andererseits ein derart hohes maß an musikalischer bandbreite und eigenständigkeit, dass man das album am ehesten noch mit dem (ungleich längeren) pumpkins-meisterwerk "mellon collie" vergleichen kann. zwischen ruhig und rockig pendelnde kleinode wie "will you smile again?", das beatleske titelstück oder das the-who-meets-mother-love-bone-weltklasse-kurzepos "the rest will follow" – immer bewegen sich die "toten" mit traumhafter sicherheit im jeweiligen musikalischen umfeld und schaffen es auf faszinierende weise, scheinbar abgegrasten terrains noch neue facetten abzugewinnen. das führt sie auf ihrer reise bis zu mitreißenden prog-rhythmen ("a classic arts showcase") und folklore-sounds ("to russia, my homeland") und begeistert den hörer auch bei wiederholtem durchlauf. keine frage: vor allem die ersten acht stücke sind das beste, was in diesem sektor in den letzten zehn jahren (vielleicht mit ausnahme des 2003er pearl-jam-albums) veröffentlicht wurde. großtat!

blind guardian

a twist in the myth

a twist in the myth

 

 

orchestra bombastica

holla, nach hördurchgang 1 muss man erst mal durchatmen. einen derartige dichte von gitarrenmauern, double-bass-attacken und chorgesängen ist man nicht einmal von den, bombastischen elementen nicht gerade abgeneigten, krefeldern gewohnt. die entwicklung, die sich auf den letzten alben bereits abzeichnete, weg von ihren speed-metalligen wurzeln hin zu cinemascope-klängen im mega-breitwandformat wird auf "a twist in the myth" konsequent und umfassend fortgeführt. der härtegrad der meisten stücke übersteigt dabei allerdings den von arena auf ihrem letzten album nur noch unwesentlich. statt metal überwiegt bombast-hardrock mit etlichen facetten aber ebenso vielen passagen, die man meint, so oder so ähnlich schon auf einem anderen guardian-album gehört zu haben. daher fällt das urteil etwas zwiespältig aus.

"a twist in the myth" ist durchaus angenehm hörbar, aber bei allen chören und crescendi vermisst man leider zwingende kompositionen à la "mirror mirror" oder "wait for an answer". "skalds and shadows" ist als ruhepause zwischen all den uptempo-nummern zwar durchaus willkommen, wirkt aber dennoch (nicht nur wegen des titels) als ein "the bard's tale" revisited.

alles in allem haben blind guardian mit dem neuen opus ihren stil sicherlich noch einmal verfeinert. ob dies aber ein schritt in die richtige richtung war, wird die zukunft zeigen und ist wohl auch geschmacksache. ein album mit orchester-unterstützung ist vermutlich die logische konsequenz und nach aussage der band auch schon seit längerem in planung.

coheed & cambria

good apollo, i'm burning star

good apollo, i'm burning star

 

 

strangers in a strange land

seltsame band, seltsamer plattentitel, aber genauer betrachtet eine recht eingängige und relativ wenig seltsame musik: eine menge hardrock, einiger prog und wie auf dem vorgängeralbum eine schöne prise iron maiden. wen die etwas quäkige stimme des sängers nicht stört, bekommt von c&c ein abwechslungsreiches und rockiges album geliefert, das lange seinen reiz ausübt, auch wenn man nicht allzu tief in das allen c&c-alben zugrunde liegende (comic-)konzept eindringen will. zwar ist ihr 2004er album "in keeping secrets of silent earth 3" noch einen tick besser, weil proggiger, doch schon allein der meisterrocker "welcome home" ist absolute pflicht für jeden fan.

communic

waves of visual decay

waves of visual decay

 

 

second coming

das niveau ihres erstlings, des wohl besten debuts des vergangenen jahres, zu halten, war für die norweger offenbar kein problem: höchstnoten in der einschlägigen musikpresse und zwei "album des monats"-auszeichnungen deuten bereits an, was sich schon beim ersten durchhören von "waves of visual decay" bestätigt: communic ist nur gut ein jahr nach ihrem ersten geniestreich "conspiracy in mind" ein mehr als würdiger nachfolger gelungen. ihre markenzeichen, melodischer powemetal mit starkem double-bass-einsatz, markantem gesang und einem exzellenten gefühl für großartige melodien, die schon den vorgänger prägten, dominieren auch auf communics zweitling. die großen vorbilder metal church, fates warning, sanctuary oder auch (neuerdings) metallica schimmern zwar immer mal wieder durch, doch in ihrer gesamtheit sind alle sieben songs unverkennbar communic. vom atmosphärisch dichten meisterwerk "watching it all disappear" bis zum neckbreaker "my bleeding victim" führen sie die stilprägenden elemente vorgenannter bands zu einem sehr kompakten eigenen mix zusammen, der hoffentlich noch für zahlreiche weitere alben auf diesem niveau gut ist. weiter so!

dream theater

score

score

 

 

uneven score

deep purple taten es, metallica und sogar rage taten es – und so war es auch nur eine frage der zeit, bis die ohnehin vielleicht orchestralste rockband des planeten (wenn man von bombast-schwülstlingen à la rhapsody einmal absieht) uns auch mit einer orchesterbegleiteten live-einspielung ihres repertoires beglücken würde.

was dabei heraus gekommen ist? nun, vor allem die erkenntnis, dass es trotz der teilweise hochkomplexen stücke des traumtheaters eigentlich keines orchesters bedarf, um die musik mit der entsprechenden wirkung auf eine große bühne zu zaubern. die musikalischen fertigkeiten der herren portnoy, petrucci, myung und ruddess und insbesondere die technischen möglichkeiten der modernen musikelektronik degradieren das begleitorchester über weite strecken des albums zu statisten. echte streicher und hörner sind zwar ganz nett, aber für die letztendliche wirkung beim hörer eher sekundär. dass mike portnoy den auf "score" mitgeschnittenen auftritt für den bisherigen höhepunkt der band hält, ist sicher eher aus musiker- als aus hörersicht zu sehen. dass das zusammenspiel mit den klassischen musikern exzellent funktioniert hat und die dream-theater-jungs eine menge spaß bei der umsetzung hatten, ist deutlich spürbar.

dennoch bleibt "live at budokan" schon auf grund der besseren songauswahl und des knackigeren sounds das ultimative live-statement der komplexesten rockband unserer zeit. für den fan ist "score" sicherlich dennoch eine lohnende anschaffung, zumal darauf auch eher selten live gespieltes material zu hören ist.

evergrey

monday morning apocalypse

 

a matter of direction

metal oder prog? waren evergrey nach ihren prog-metal-krachern der vergangenen jahre eindeutig dem genre der komplexen saitenquäler zuzuordnen ist dies bei ihrem neuen album weitaus weniger deutlich. die stücker sind kürzer, straighter und rockiger als noch auf "the inner circle" und erinnern eher an die einer moderneren metal-combo. ob dies eine positive weiterentwicklung darstellt oder eher den bisherigen charakter der band in richtung mainstream einebnet, muss jeder selbst entscheiden. bei aller freude am rock vermisst man jedoch nach häufigerem durchhören großtaten wie "the essence of conviction" oder "a touch of blessing". ordentliche platte, aber auch nicht mehr.

iron maiden

a matter of life and death

a matter of life and death

 

 

only a matter of rock

das isse: die suche nach der platte des jahres hat schon im august ihr ende gefunden. die wahrscheinlichkeit, dass "a matter of life and death" in diesem jahr noch getoppt wird, ist so wahrscheinlich wie ein weggang von bruce dickinson als leadsänger zu tokyo hotel.

konnte der vorgänger "dance of death" nur teilweise überzeugen, bewegen sich die 10 tracks des neuen albums fast alle auf einem niveau, das sofort parallelen zum 2000er meisterwerk "brave new world" aufzeigt. dabei ist es fast egal, auf welche stelle der cd man den laser wandern lässt: ein episches meisterstück nach dem anderen wird dem geneigten hörer serviert. dass lediglich der opener unter der 5-minuten-grenze bleibt und sich das gros der stücke mit spielzeiten zwischen 7 und 10 minuten eher in prog-dimensionen bewegt, zeigt deutlich an, wohin die musikalische reise geht: die stücke sind durchweg komplexer und meist auch atmosphärischer geraten, als zumeist von maiden gewohnt.

wer, wie ich, vor allem die bombastischeren und längeren kompositionen der briten bevorzugte (wie "ghost of the navigator", "paschendale" oder das legendäre "alexander the great"), für den ist "a matter of life and death" eine wahre fundgrube. musikalisch und stimmlich in absoluter hochform dargeboten, gestaltet sich die auswahl von favoriten aus dem zehnerpack allerdings schwierig. dennoch haben sich im laufe der hörzeit vor allem die beiden monumente "the longest day" und "for the greater good of god" als kandidaten für eine best-of-scheibe herauskristallisiert. ansonsten gilt aber für die neue cd das, was auch für "brave new world" schon bezeichnend war: ein best-of-album voller neuer songs.

metal church

a light in the dark

a light in the dark

 

noch ein urgestein der metal-seligen 80er jahre, das es immer wieder versucht, an die erfolge (und großartigen kompositionen) der vergangenheit anzuknüpfen. um es vorwegzunehmen: auch auf ihrem neuesten werk schaffen es die kirchenmänner, von denen gitarrist kurdt vanderhoof das einzig verbliebene originalmitglied ist, dies nur sehr bedingt.

zwar ist "a light in the dark" ein recht ordentliches metal-album geworden, aber die ganz großen songs und riffs bleiben leider (wie auch auf den letzten vorgängern) wieder einmal aus. stände nicht "metal church" auf dem cover hätte die platte es vermutlich ziemlich schwer, von einem größeren publikum wahrgenommen zu werden. da kann sänger ronny munroe auch noch so halford-mäßig kreischen, an die meisterwerke "blessing in disguise" und den rezensensten-favoriten "the human factor" (mit dem imho besten metal-church-sänger mike howe) kommt keine der zehn kompositionen heran. und ob man eine neuaufnahme von "watch the children pray" wirklich braucht, muss jeder hörer selbst entscheiden.

motörhead

kiss of death

kiss of death

 

kiss of life?

ok, klar, musikalische innovationen oder auch nur eine leichte weiterentwicklung auf einer motörhead-platte zu erwarten, zeugt von ungefähr so viel realitätssinn wie die annahme einer dopingfreien tour de france. andererseits gehören lemmy & co. ja gerade zu denen, deren platten man kauft, weil man weiß, was einen erwartet und die man entweder alle mag oder alle hasst. dennoch gibt es natürlich qualitative unterschiede, die aber bei den alben der jüngeren vergangenheit scheinbar immer mehr verschwinden.

der warzenmann bringt zwar mit schöner regelmäßigkeit neue scheiben heraus, an sein letztes meisterwerk "1916", das zwar noch nicht ganz so alt ist wie der plattentitel, aber immerhin aus dem jahr 1991 datiert, ist er allerdings nie wieder herangekommen. insgesamt verfestigt sich auch beim hören der tracks auf "kiss of death" der eindruck, die neuen stücke könnten auch von irgendeiner anderen beliebigen motörhead-platte der jüngeren vergangenheit stammen. sie enthalten alle motörhead-typischen elemente und song-stereotypen, ohne jedoch allzu lange im akustischen gedächtnis hängen zu bleiben. echte fans werden sich davon nicht abhalten lassen, wer jedoch die wahren perlen in der motörhead-schatztruhe sucht, wird auf "kiss of death" (übrigens ebenso wie auf dem vorgänger "inferno") nicht wirklich fündig.

pearl jam

pearl jam

pearl jam

 

 

aufstand der alten männer?

nach ende ihres vertrages mit sony kann die letzte real existiereende grungeband nun endlich ihre platten ohne externe einflüsse produzieren und vermarkten. wer demzufolge eine grundlegende stiländerung erwartet hatte, wird allerdings überrascht sein, denn das konsequenterweise selbstbetitelte achte studioalbum fügt sich nahtlos in die bisherige diskographie ein.

zunächst etwas rauer und rockiger als der folk- und country-beeinflusste vorgänger enthält "pearl jam" dennoch alles, was die jungs aus seattle über die jahre ausgemacht hatte und sie grunge-hype und nu-metal-trends (fast) unbeschadet überstehen ließ: engagierte texte, ed vedders noch engagierterer gesang und leicht abgeschrägtes, aber immer melodisches geschrammel, allerdings auch leider wieder den einen oder anderen überflüssigen langweiler, den man seit "vs" auf jedem album mitgeliefert bekommt. hier ist dies der uninspirierte schnarcher "parachutes", der jedoch durch knackige rocker wie den opener "life wasted" und die single "world wide suicide" oder das u2-mäßige "unemployable" mehr als ausgeglichen wird. und wie so oft bei den letzten pearl-jam-veröffentlichungen sind die ruhigen, atmosphärischen stücke wieder die besten, allen voran die halbballade "gone" und der verhalten beginnende und sich dann immer mehr steigernde rausschmeißer "inside job".

auch diesmal offenbart sich der reiz der meisten stücke erst nach mehrmaligen durchläufen, bleibt dann aber nachhaltig. was "pearl jam" allerdings fehlt, ist eine überragende komposition wie "better man" auf der ansonsten ja damals ziemlich misslungenen "vitalogy" oder "i am mine" vom letzten album. "wasted reprise", das die melodie von "life wasted" mit sehr schönem orgelspiel noch einmal aufnimmt, hätte vielleicht so ein stück werden können, wenn es nicht schon nach knapp einer minute wieder zu ende wäre.

was bleibt, ist ein schönes alternative (postgrunge?) rock album, das seinen reiz allerdings stärker durch den einmal mehr großartigen gesang und den geliebten schrammmelsound von "seattles finest" entfaltet als durch seine zwingenden kompositionen. ohne echtes song-highlight ist "pearl jam" somit kein ganz großer wurf à la "ten", aber auch kein rohrkrepierer wie "vitalogy" oder "binaural", in meiner skala klar hinter "ten" und "vs", vielleicht knapp hinter "no code" und "riot act" (die mit "present tense" und "i am mine" klarere höhepunkte setzen), etwa auf dem level von "yield". eine zusätzliche erwähnung verdient die (schon fast gewohnt) schöne digibook-gestaltung.

queensryche

operation: mindcrime II

operation mindcrime II

 

 

time to wonder

rückblende: 1988 produziert eine relativ unbekannte combo aus seattle (drei jahre vor dem großen grunge-hype an selber stelle) ein konzeptalbum, das als "the wall" des heavy metal in die rock-historie eingehen wird. ein absolutes meisterwerk, darin sind sich kritiker wie metal- und rockfans einig. die gnadenlose abrechnung mit dem "american way of life & politics", gekleidet in eine wirre psychothriller-story und mit herausragenden, melodisch-progressiven metal-kompositionen vertont, macht die truppe um ausnahmevokalist geoff tate zu einer festen größe im rock- und metal-genre.

wir schreiben das jahr 2006: der rocksektor wird dominiert von melodiefreien nu-metal-kapellen und pseudo-rockigen popsternchen, deren texte sich meist nicht über die letzte liebe und die nächste schlägerei hinausbewegen. sichtbar gealtert und um einige gute, aber auch um enttäuschende alben reicher, schicken sich queensryche nun an, ihrem unbestrittenen karriere-höhepunkt ein adäquates sequel folgen zu lassen, das sowohl musikalisch als auch inhaltlich und artwork-technisch die nähe zum großen vorgänger deutlich machen soll, ohne wie ein abklatsch zu wirken. nicht wenige haben diesen versuch von anfang an mit skepsis betrachtet, nicht ganz unberechtigt angesichts von rohrkrepierern wie "hear in the now frontier" (tinnitus aureus 1997) und ambitionierten, wenngleich nur mäßig erfolgreichen qr-alben der sorte "q2k" oder "tribe".

natürlich ist es kaum möglich, als absoluter fan von "operation: mindcrime" nun teil 2 zu hören, ohne ständig vergleiche im kopf zu haben. ein versuch ist es trotzdem wert:

würde man als rockfan om I nicht kennen und hätte auch von queensryche noch nie etwas gehört (was dann allerdings die bezeichnung "rockfan" ad absurdum führen würrde), hielte man om II für eine abwechslungsreiche, mäßig harte und bisweilen etwas seltsame scheibe fähiger musiker und eines herausragenden, wenn auch sehr hoch singenden frontmannes, mit klarem stilistischem und produktionstechnischem konzeptcharakter. für eine "rockoper" marke ayreon fehlt allerdings (zum glück) noch einiges an bombast. sollte man das entstehungsjahr raten, könnte es irgendwo zwischen 1988 und heute liegen. ob das unmodern oder schlicht zeitlos ist, muss jeder selbst entscheiden. ich tendiere zu zweiterem.

geoff tates götterstimme hat in den ganzen jahren nichts von seiner strahlkraft und brillanz verloren, dies gilt auch und besonders für seine live-performance (wovon ich mich anlässlich einer "operation mindcrime"-show 2004 selbst überzeugen konnte). sein sauberer hoher gesang in kombination mit seiner aggressiven intonation schaffen es immer wieder, auch weniger gelungene kompositionen deutlich aufzuwerten. leider gilt dies nicht in gleichem maße für die stimme der "mary", pamela moor, die vor 18 jahren noch souveräner klang. dafür versteckt sich aber auf track 10 ("the chase") ein juwel, das nicht nur alten rainbow-fans die tränen in die augen treiben dürfte. hardrock-legende mr. ronnie james dio himself hat geruht, einen track mit geoff tate zusammen zu gehör zu bringen und dank seiner ebenfalls scheinbar alterslosen vokalmacht gehört dieses stück schon automatisch zu den highlights des albums. kompositorisch vermag es ebenfalls zu begeistern und könnte durchaus aus der feder von arjen lucassen stammen.

als gesamtwerk wirkt das album trotz seines abwechslungsreichtums sehr kompakt und geschlossen, stilistische brüche sind nicht auszumachen. herausragende einzelstücke drängen sich zunächst allerdings im gegensatz zu om I (spreading the disease, the needle lies, eyes of a stranger) nicht unbedingt auf, das wird aber möglicherweise nach weiteren durchläufen noch anders. bislang gefällt neben "the chase" vor allem das speedige needle-lies-pendant "i'm american", das auch textlich deutlich macht, dass die seattle-truppe dem lifestyle ihrer mitbürger und der politik ihrer regierung (an denen sich seit 1988 auch nichts gravierendes geändert hat) noch immer dieselbe ablehnung entgegenbringt.

fazit: dass om II an seinen übermächtigen ahn in irgendeiner weise heranreichen würde, hätte wohl ohnehin niemand ernsthaft erwartet. dass es queensryche allerdings gelungen ist, nach so langer zeit den abstand zu einem der größten meisterwerke in der geschichte der populären musik so angenehm begrenzt zu halten, verdient uneingeschränkten respekt. die platte ist weder uninspiriert noch langweilig, sie rockt und die ab und zu einfließenden musikalischen zitate aus om I sind so dezent verteilt, dass sie zwar als verbindende elemente wirken, der eindruck von selbstplagiat oder einfallslosigkeit jedoch erfolgreich vermieden wird. geoff tates immer wieder gern gehörte ausnahmestimme und ronnie james dios gelungener gastauftritt runden das ganze zu einem sehr schönen rock-/metal-album ab, an dem all diejenigen ihre freude haben dürften, die om I lieben und sich dennoch nicht von übersteigerten erwartungen an den nachfolger haben verrückt machen lassen. man darf gespannt sein, wenn queensrche das ganze auf die bühne bringen, vielleicht sogar als zweiteiliges set?

riverside

second life syndrome

second life syndrome

 

 

polish prog

dass prog-konzerte in polen offenbar einen besonderen reiz haben, kann man an diversen live-dvd-veröffentlichungen ablesen (man befrage dazu nur mal fish oder arena). polnische progbands auf internationalem level waren in der vergangenheit jedoch nicht gerade ein massenphänomen. "riverside" versuchen seit einigen jahren, dies zu ändern und mit ihrem 2005er album "second life syndrome" gelingt ihnen ein hochklassiges musikalisches statement in überzeugender manier. durchweg proggige tracks mit längen zwischen knackigen dreieinhalb und epischen 15 minuten zeigen eine band, die mühelos mit genregrößen wie marillion oder iq mithalten kann, an erstere erinnert bisweilen die stimme des sängers, an die letzte (düstere) iq-veröffentlichung "dark matter" der gesamtsound des albums. zwischenzeitlich eingestreute härtere passagen lassen dann auch einflüsse von dream theater oder queensryche erkennen, ohne allerdings ein eigenständiges profil vermissen zu lassen. insbesondere der viertelstündige titeltrack und das kurze, ruhige "conceiving you" machen klar, dass riverside ab sofort zu den bands gehört, die man beobachten sollte.

riverside

voices in my head ep

voices in my head

 

 

modern times?

die weitgehend ruhig gehaltene ep ist entgegen der cover-abbildung deutlich weniger düster als das oben besprochene letzte album der polen-progger und erinnert mit seinen moderneren ambient-artigen sounds passagenweise ein wenig an das letzte marillion-album. als ergänzung des bisherigen riverside-schaffens ist "voices in my head" sicherlich ganz schön, aber wohl keine zwingende anschaffung. neben den fünf neuen stücken finden sich noch drei hörenswerte live-versionen von stücken des riverside-erstlings auf der ep.

spock's beard

gluttons for punishment

gluttons for punishment

 

day and night

eigentlich schon von 2005, zeigt dieses erste live-album der bärte in der nach-neal-morse-ära ganz deutlich die große stärke wie auch die spürbare schwäche des rest-ensembles. spielerisch gibt es keine kritikpunkte, die technische qualität der truppe und auch ihr live-zusammenspiel sind über jeden zweifel erhaben. nick d'virgilio ist stimmlich ein absolut adäquater ersatz für neal morse, wenn er auch dessen entertainer-qualitäten auf der bühne nicht ganz erreicht. mit einem kompetenten ex-drummer am mikro haben ja auch schon andere große prog-bands der vergangenheit gute erfahrungen gemacht...

was sich aber auf den letzten beiden studioalben bereits zeigte, wird im vergleich mit älteren stücken, die noch aus der feder des ausnahme-komponisten neal morse stammen, überdeutlich: es hapert zuweilen schlicht am songwriting. integrieren sich einige teile des aktuellen albums, wie der sehr schöne opener "the ballet of the impact" oder auch "of the beauty of it all" hervorragend ins set, können rohrkrepierer wie "surfing down the avalanche" auch live, wenn auch zweifellos eher als auf der studioplatte, nicht wirklich überzeugen. Am meisten profitiert noch der straighte rocker "climbing up that hill" von der live-performance. das stück klingt wirklich um klassen besser als auf "octane". dennoch fällt gerade in direkter abfolge mit alten songs der unterschied am stärksten auf. folgt ein über-meisterwerk wie "harm's way", das schon zu neal morses zeiten einer der besten beard-tracks war, direkt auf die kurzversion von "octane", können die neuen songs nur verlieren. ähnlich sieht es auf cd 2 aus, wenn nach dem mega-epos "at the end of the day" stücke vom schwächsten beard-album folgen und das ganze schließlich von "the light", dem beard-longtrack schlechthin, beschlossen wird.

bei aller kritik sollte man dennoch nicht vergessen, dass spock's beard auf grund ihrer herausragenden musikalischen fähigkeiten, ihrer live-präsenz und ihres sehr guten und sympathischen (ersatz-) vokalisten noch immer zu den herausragenden prog- und rock-acts des planeten zählen und zumindest live den verlust von neal morse recht erfolgreich kompensieren konnten. wenn ihnen dies auf zukünftigen alben auch in kompositorischer hinsicht gelingt, muss man sich um die zukunft der bärte keine sorgen machen.

"gluttons for punishment" ist für den fan jedenfalls in mehrfacher hinsicht ein interessantes album, bekommt er darauf doch einen sehr guten einblick in den beardschen transformationsprozess (samt seiner schwierigkeiten) und erhält (was für den alltag sicherlich wichtiger ist) die essenz von octane in live-versionen, die die studiosongs ziemlich alt aussehen lassen – wenn auch die produktion etwas "knackiger " und basskräftiger sein könnte. als einstieg in den "wahren" beard-kosmos eignen sich meilensteine wie "the beard is out there" allerdings besser.

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