die cd-ausbeute 2008

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communic

payment of existence

payment of existence

 

 

proof of existence

communic auf dem absteigenden ast? das debut war ein meilenstein, der nachfolger ein solides aber letztlich unspektakuläres powermetal-album und nun kommt nummer drei...

um es kurz zu machen: ein weiterer abstieg oder gar tiefer fall ist es nicht geworden. die schweden stabilisieren sich mit "payment of existence" auf einem niveau, das deutlich über dem der meisten genrebands liegt, ohne jedoch wieder die genialität von stücken wie "the distance" oder "ocean bed" zu erreichen. klassische powermetal-tracks, anklänge an die klassiker wie maiden oder metallica und sogar ein tote-hosen-intro (vgl. "hier kommt alex"!) sind zwar nicht gerade zeichen herausragender kreativität, die art und weise aber, in der communic alle elemente miteinander verschmelzen, nötigt dennoch respekt ab. das album klingt sehr kompakt und rockt ordentlich – das ganz große gänsehaut-highlight sucht man allerdings vergeblich.

 

dream theater

chaos in motion

chaos in motion

 

  alive and kicking

mittlerweile veröffentlichen viele bands ja von jeder absolvierten tour einen live-mitschnitt, vorzugsweise gleich auf dvd und cd. dass dabei oft quantität vor qualität geht, scheint leider zwangsläufig zu sein. einige haben jedoch einen ruf zu verlieren, allen voran dream theater, die uns in der vergangenheit mit highlights wie "live scenes from new york" und vor allem dem überragenden "live at budokan" sehr intensiv an ihren konzertaktivitäten teilhaben ließen. zur freude der fans (also uns) ist auch die vergangene "systematic chaos"-tour in bild und ton mitgeschnitten worden und bis auf einige klangliche schwächen der cd gibt es dabei keinen grund zur beanstandung. zum glück wurde im gegensatz zu früher endlich ein (preislich attraktives) komplettset mit allen datenträgern veröffentlicht, so dass man nicht mehr für teuer geld cds und dvds separat erweben muss.

musikalisch interessant sind natürlich vor allem die live-versionen der neuen stücke, doch das alles überragende highlight ist die 15-minuten-variante von "surrounded", veredelt mit einem unfassbaren gitarrenriff und passagen aus marillions balladenklassiker "sugar mice" – derart genial miteinander verflochten, dass ein unbedarfter hörer kaum feststellen würde, dass es sich hier um zwei verschiedene stücke handelt.

 

flogging molly

float

float

 


 

stillstand mit niveau

drei jahre ohne neues flogging-molly-album, drei jahre nur gefüllt von einer (gelungenen) live-platte ließen auf ein neues folkpunk-album voller großartiger mitsing- und -hüpfnummern hoffen.

"float" vermittelt allerdings eher den eindruck, als hätte man die vergangenen jahre mehr mit dem aufpolieren von übriggebliebenem songmaterial verbracht, das es nicht auf die bisherigen alben geschafft hatte, als mit dem schreiben neuer toptracks. eine spiellänge von unter 40 minuten ist bei heutigen cd-preisen schon recht grenzwertig, wenn diese zeit aber mit meisterstücken wie "what's left of the flag" oder "screaming at the wailing wall" gefüllt ist, würde wohl noch keiner meckern.

doch genau da liegt das problem: mit den ersten tracks geht es noch recht verheißungsvoll los, aber spätestens ab mitte des albums schleicht sich der eindruck ein, dass die mollys diesmal eher die b-ware eingepackt haben. alles ganz nett und sicherlich noch weit besser als der großteil der sonstigen folk-veröffentlichungen aber verglichen mit großartigen alben wie dem vorgänger oder gar monumenten wie ihrem zweitling "drunken lullabies" fällt "float" doch deutlich ab. insbesondere das fehlen absoluter highlights vom niveau der oben erwähnten tracks macht diesmal leider den unterschied aus.

 

flowing stones

alles wird gut

alles wird gut

 

 

stones, baby!

wir befinden uns im jahre 2008 n. Chr. ganz hiphop-deutschland ist von pseudo-bösen prekariat-rappern und weinerlichen frauenverstehern besetzt... ganz deutschland? nein! ein zwei-mc-kollektiv aus der ostwestfälischen provinz hört nicht auf, den totengräbern des hiphop mit fetten beats und perfekten rhymes widerstand zu leisten.

nach dem ende ihres schon sehr gelungenen projekts kpms haben wus one und daniel san unter dem schönen bandnamen "flowing stones" mit ihrem debut "alles wird gut" ein professionell produziertes album veröffentlicht, das sich nahtlos in die besten outputs der deutschprachigen szenegrößen einreihen kann.

textlich loten sie zwischen sehr persönlich ("selbstläufer", "skizzen") und totaler party ("cocä-äin") die gesamte bandbreite menschlicher emotionen aus, ohne die genretypisch unvermeidlichen "dicke hose"-tracks außen vor zu lassen.

gegenüber kpms musikalisch und rap-technisch noch einmal deutlich verbessert, präsentieren die beiden ein ausgereiftes hiphop-opus, dessen tracks dank zahlreicher ohrwurmmelodien und mitgröhl-refrains vor allem live richtig rocken. bleibt als kritikpunkt höchsten noch die vermehrte anhäufung von f-words, die den anspruch der stones, anders als die ghetto-nasen sein zu wollen, bisweilen etwas untergräbt.

"der scheiß den ihr liebt" ist allerdings die wohl beste hymne, die je eine hiphop-combo auf sich selbst getextet hat: "das ist flowing-stones-musik"!

 

frost

milliontown / experiments in mass appeal

milliontownexperiments in mass appeal

 

 

kein tauwetter

man könnte sie als entdeckung des jahres titulieren, aber zum einen ist ihr debut schon von 2006 und zum anderen sind mit john jowitt und john mitchell zwei bandmitglieder derart gute alte bekannte aus seligen iq-, arena- und kino-tagen, dass man frost eher als prog-supergroup denn alls newcomer bezeichnen müsste. ein meisterwerk wie "milliontown" müssen aber auch gestandene recken erst einmal zu stande bringen und auch das neue album verheißt trotz etwas weniger eingänglichkeit wieder großes. wer kino, transatlantic und auch devin townsend mag, muss frost hören. so kann moderner prog-rock klingen, ohne seine klassischen 70er-wurzeln zu verleugnen. let it snow!

 

in extremo

sängerkrieg

sängerkrieg

 

 

rock mit mir

in-extremo-alben zu besprechen ist immer recht einfach: geniale melodien und refrains, nicht immer ganz zielsichere strophen – und texte, die zwischen sprachlich unverständlich, mittelalterlich-mystisch-verschwurbelt und simpel-sinnlos variieren. funktioniert live perfekt, geht gut ins ohr, aber allzu viele gedanken muss man sich nicht machen.

so auch diesmal: texte wie die von "sieben köche" oder "sängerkrieg" braucht eigentlich kein mensch, aber damit rocken sie wie sonst nur wenige in deutschland. ein geniestreich wie "mein rasend herz" ist es diesmal nicht geworden, was im wesentlichen an der abwesenheit von übersongs wie "raue see" und "wesserbronner gebet" liegt. was bleibt ist ein solides in-extremo-album mit hohem live-faktor – nicht mehr und nicht weniger.

 

kettcar

sylt

sylt

 

 

sowas wie 'ne wahrheit

vorab eine warnung! falls sie über 30 und depressionsgefährdet sind, sollten sie sich gut überlegen, ob sie sich intensiver mit dem neuen kettcar-album beschäftigen wollen. alle anderen werden für ihre unerschrockenheit mit einer bitterbösen sammlung exzellenter stücke belohnt, die zwischen melodischem indie-geschrammel marke "ich danke der academy" ("kein außen mehr") und düsterer ballade ("verraten") oszillieren – härter und verzerrter als der vorgänger, aber dennoch gespickt mit großartigen melodien und bisweilen überraschenden rhythmen.

frontmann marcus wiebusch legt in seinen texten diesmal nicht nur schonungslos den finger in die wunden der generation 30+ mit ihren lebenslügen und ihrem "mein-haus-mein-auto-mein-boot"-statusdenken sondern bohrt mit einem schartigen messer so lange darin herum, bis er auf die knochen der unbequemen und gern verdrängten wahrheiten stößt. ein schlag ins gesicht der spaßfraktion – aber gerade deshalb eines der besten und wichtigsten deutschsprachigen alben der letzten 10 jahre. kompromisslos!

 

the levellers

letters from the underground

letters from the underground

 

 

back from the underground

levellers? git's die noch? diese frage hörte der geneigte rezensent in letzter zeit häufiger und konnte ihr eine gewisse berechtigung nicht absprechen, hatten die einstigen vorzeige-folkrocker dorch durch einige schlechte bis halbgare veröffentlichungen einen gutteil ihres legendären (live-)rufs in den vergangenen jahren eingebüßt.

klassiker wie "zeigeist" scheinen ewigkeiten her zu sein, doch mit "letters from the underground" melden sich die levellers mit ihrem typischen und von den fans so geliebten stil eindrucksvoll zurück: einerseits kritisch, engagiert und mit der nötigen portion wut im bauch und ebenso voll großartiger melodien, an denen sie sich in einem wechselspiel wütend-treibender ("the cholera well") und fröhlich-folkiger ("duty") songs austoben.

für alle, die sich bei den waterboys mehr rock und bei der army mehr folk wünschen. unbedingt live genießen!

 

neal morse

lifeline

lifeline

 

 

jeder nur ein kreuz...

gut, mal wieder eine neal-morse-rezension. der mann ist ja dermaßen produktiv, ob nun solo oder als teilnehmer diverser projekte, dass man ihm seit jahren schon kaum entkommen kann.

diesmal das ganze in kurzfassung: kein gemecker über die noch immer stark religiös geprägten texte und auch nichts über zu viel pathos, wiederholungen altbekannter musikalischer ideen oder der ausdehnung eigentlich kürzer zu spielender songs. auch nichts über die bisweilen erschreckende nähe zu barclay james harvest und anderen 70er weichspülern.

stattdessen nur soviel: wer neal morses stil liebt (wie der rezensent), mit den texten leben kann und keine innovationen erwartet, wird auch lifeline mögen. alle anderen werden's hassen oder schlicht überflüssig finden.

 

mr. irish bastard

the bastard brotherhood

the bastard brotherhood

 

 

the bastards are in town!

der albumtitel ist programm, der bandname genauso und auch das cover lässt keinen zweifel über den inhalt der scheibe aufkommen: biergetränkter folkpunk feinster sorte bricht über den geneigten hörer herein und allen fans von pogues, dropkick murphys und vor allem flogging molly wird hier das herz aufgehen, das tanzbein zucken und die stimme losgrölen.

schon das großartige und an den "braveheart"-soundtrack erinnernde instrumental-intro lässt vorfreude aufkommen, die von den dann folgenden krachern vom kaliber "let go", "last pint" und vor allem dem überragenden pogo-anheizer "galway bay" übererfüllt wird. sanftere naturen können bei den ruhigeren "walk with me" oder "christmas in hell" kurz durchatmen, bevor dann mit "blood n the flag" noch mal 'ne schüppe draufgelegt wird.

kaufen, hören und vor allem live erleben!

 

metallica

death magnetic

death magnetic

 

 

no apocalypse

nein, es ist kein neues "master of puppets", nein auch ein neues "black album" ist es (zum glück) nicht geworden. aber hätte das ernsthaft jemand erwartet? allerdings: retro ist das ganze (im metallica-sinne) schon. nach mehr oder weniger gelungenen alternative-rock- (load/reload) und nu-metal-versuchen (st. anger) haben sich die amerikanischen obermetaller auf das besonnen, was sie schon immer am besten konnten: klassischen metal zwischen thrash, power und halbballade.

dass sich der anfang von "the end of the line" erst nach pearl jams "even flow" und dann nach metallicas eigenem "creeping death" anhört, sei ihnen gnädig verziehen, haben sie doch insgesamt auf ein solides fundament guter tracks mit dem zukünftigen klassiker "the day that never comes" und dem back-to-the-roots-superknüppel "my apocalypse" zwei echte higlights draufgepackt. einzig der schrammelige sound des albums ist definitiv nicht zeitgemäß, nicht einmal für eine band, die an glorreiche (garagen-)tage anknüpfen will.

wer ein neues meisterwerk à la "ride the ligtning" erwartet hatte, wird (vielleicht) etwas enttäuscht sein. für fans alter schule, die wiederum von den letzten veröffentlichungen enttäuscht waren, haben metallica mit "death magnetic" wieder den alten pfad der tugend eingeschlagen. man darf gespannt sein...

 

opeth

the roundhouse tapes

the roundhouse tapes

 

 

liveadelica

endlich ein live-album von opeth, nachdem sie den geneigten hörer ja schon mit der sehr schönen "lamentations"-dvd begeistern konnten!

und die erwartungen werden erfüllt: eine schöne songauswahl (u.a windowpane, blackwater park), transparenter sound und akerfeldts humorvolle ansagen lassen eine exzellente live-atmosphäre aufkommen, die erahnen lässt, zu was die alten schweden auf der bühne im stande sind. trotz doppel-cd ist das ganze natürlich viel zu kurz und – einziger kritikpunkt – der übersong "the drapery falls" fehlt leider.

 

opeth

watershed

watershed

 

 

schwere kost würden die klitschkos wohl sagen. das neue opus von opeth, die ja nicht gerade für kurze, leicht ins ohr gehende radiosongs bekannt sind, ist deutlich sperriger ausgefallen als es das sehr schöne akustikgitarren-intro vermuten lässt.

dunkelheit beherrscht nicht nur das cover sondern auch die songs. melodien oder nur songfragmente bleiben erst nach etlichen hördurchgängen im akustischen gedächtnis haften. das ist gleichzeitig wohl die größte schwäche wie auch die stärke das albums. es ist düster, komplex und vielschichtig, die eingängigkeit ist dabei jedoch klar auf der strecke geblieben.

für opeth-fans sicherlich ein lohnenswerter kauf, wird doch die ausdauer des hörers letztendlich mehr als belohnt. für einen ersten kontakt mit dem werk der schweden ist ein album wie "blackwater park" jedoch sicher geeigneter.

 

martin orford

the old road

the old road

 

 

iq-test

war martin orford bislang nur eingefleischten progfans als kompetenter, aber weitgehend charisma-freier keyboarder der britischen neo-progger iq bekannt, legt er nach seinem ausstieg ein solo-werk vor, das auch seinen ehemaligen bandkollegen zur ehre gereicht hätte.

nach einem fulminanten start mit dem bombast-longtrack "grand designs" folgt das unbestreitbare album-highlight gleich auf position 2: das instrumentalstück mit dem martialischen titel "power and speed" reiht sich aus dem stand weit oben in der riege der besten progrock-instrumentals aller zeiten ein und kann problemlos mit klassikern wie "chatauqua" oder sogar dem arena-meisterwerk "riding the tide" mithalten.

fällt das album danach mit dem mainstream-track "ray of hope" etwas ab, fängt sich orford mit den dann folgenden (neo-)progrockern "take it to the sun" und dem leicht folk-beeinflussten titelstück wieder, um das ganze dann mit den recht iq-lastigen drei schlussstücken passend abzurunden. musikalische differenzen können nicht der grund für orfords ausstieg gewesen sein, soviel ist sicher. fans von iq, arena und den anderen üblichen verdächtigen werden ihren spaß haben.

 

rewiring genesis

a tribute to the lamb lies down on broadway

rewiring genesis

 

 

verdienter tribut

eines der wichtigsten und besten prog-alben aller zeiten mehr als 30 jahre nach seinem erscheinen neu aufgenommen – wer braucht sowas?

diese prinzipiell berechtigte frage kontern spock's-beard-frontmann (und drummer) nick d'virgilio und seine mitstreiter mit einer spielfreude und einem einfallsreichtum, die das epochale genesis-meisterwerk in neuem und dezent modernisiertem glanz erstrahlen lassen, ohne dabei den altehrwürdigen 70er-charme und die schlicht genialen melodien des originals auf dem altar der mode zu opfern. mit etwas mehr power hier und da sowie geschickt eingesetzten bläsern lassen rewiring genesis den klassiker mal swingen und mal rocken, bleiben jedoch immer in respektvoller nähe. den titel "a tribute to..." trägt das album absolut zu recht. das cover des jahres!

 

subway to sally

schlachthof

schlachthof

 

 

mit dem bastard unterwegs

die dokumentation der bastard-tour 2007/2008 zeigt einmal mehr die herausragenden live-fähigkeiten, die die potsdamer mittelalter-metaller immer noch – vor allem anderen – auszeichnen: eine feurig-fulminante liveshow, grandiose melodien und ein mitreißendes set werden allen, die dabei waren, noch in guter erinnerung sein. enthielt die setlist zwar nicht nur highlights, war die auswahl doch um ein so vielfaches besser als auf der nachfolgenden "kreuzfeuer"-tour, dass man fast meinte, zwei verschiedene bands zu erleben.

professionell gefilmt ist das ganze auch auf dvd ein genuss, wenn auch die bilder der "fliegenden" überkopf-kamera arg unscharf geraten sind.

besonders geeignet für alle, die nach den desaströsen "kreuzfeuer"-auftritten nicht den glauben an ihre helden verlieren wollen.

 

die toten hosen

in aller stille

in aller stille

 

guten tach!

nur soviel: endlich sind sie wieder da, endlich wieder mit hochklassigen songs und vor allem endlich wieder auf tour! der deutschen liebste live-band hat mit "in aller stille" ein album vorgelegt, dessen titel im erwartungsgemäß krassen widerspruch zum inhalt steht. härter, ernster und punkiger als auf ihren letzten platten geben die hosen die richtung vor, in die sie die nächsten jahre marschieren wollen. kein karnevalsgekasper mehr, stattdessen livetauglicher punkrock und klare ansagen. und wenn wir ehrlich sind: genau so wollten wir sie haben. rock'n'roll!

 

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