< zum
cd-jahrgang 2009 | zum
cd-jahrgang 2011 >
|
blind guardian
at the edge of time

|
|
at the edge of too much
der musikrichtung metal im allgemeinen und deutschem metal im besonderen wird ja häufig vorgeworfen, bisweilen übertrieben bombastisch und pathetisch daherzukommen, aber was blind guardian auf ihrem neuen album betreiben, dürfte wohl alle diesbezüglichen grenzen sprengen. schon der computerspiel-soundtrack-opener "sacred" ist eher klassik als metal und spätestens das überragende mittelalter-epos "curse my name" hebt das ganze dann gegen mitte der scheibe auf ein atmosphärisch-pathetisches höchstlevel, irische fiddleklänge und battledrums inclusive.
guardian-typische bombast-hymnen á la "valkyries" und das grandiose, george r.r. martins "a song of ice and fire"-fantasy-saga thematisierende "war of the thrones" halten mühelos das niveau – um diesen musikalischen höllenritt mit dem orientalisch angehauchten epos "wheel of time" ausklingen zu lassen. lediglich die zwei speed-tracks "tanelorn" und "ride into obsession" deuten an, wo einmal die musikalischen wurzeln der krefelder lagen.
für klassische metaller mit hang zu soundtrack-klängen und rollenspiel-feeling ist "at the edge of time" das beste guardian-album seit der alles überragenden tolkien-hommage "nightfall in middle earth", alle anderen werden bei soviel musikalischer reizüberflutung wohl irgendwann abschalten.
|
eric fish
alles im fluss

|
|
alles im lot
in schöner regelmäßigkeit veröffentlicht herr hecht, genannt fish, mit seinen unermüdlichen mitstreitern kleine akustische kunstwerke, die freunde deutschsprachiger und handgemachter musik seit jahren begeistern. auch sein aktuelles album "alles im fluss" macht da keine ausnahme: 13 singer-songwriter-perlen (plus das kleine fragment "triskaidekaphobie"), mit überwiegend nachdenklichen texten und passend arrangiert mit akustikgitarren, klavier und cello sind genau das richtige, um die enttäuschung über das letzte album seiner stammband zu vergessen.
|
peter gabriel
scratch my back

|
|
saitenriss
wird 2010 das jahr der streicher? fast könnte man es meinen, haben doch erst kettcar ihr grandioses livealbum mit orchesterbegleitung vorgelegt und jetzt auch noch prog-legende und rock-übervater his majesty peter gabriel mit einem komplett in orchesterbegleitung eingespielten cover-album.
doch was sich der großmeister dabei gedacht hat, überwerke wie david bowies "heroes" derart langsam und merkwürdig arrangiert einzuspielen wird wohl auf ewig sein geheimnis bleiben. prinzipiell ist ein cover-album ja keine schlechte idee, wie es in der jüngeren vergangenheit queensryche mit "take cover" und vor allem dream theater (mit ihrer "black clouds & silver lining"-bonus-cd) vorgemacht haben. auffällig ist bei "scratch my back" allerdings, dass einem gerade die stücke am besten gefallen, deren originale man nicht kennt ("mirrorball", "listening wind"). schwierig zu beurteilen, wie man sie bewerten würde, wenn sie einem vertrauter wären.
eigentliche kracher wie paul simons "the boy in the bubble" oder das schon erwähnte "heroes" hingegen in dieser zeitlupen-depri-kammermusikversion hören zu müssen, ist je nach perspektive entweder schlicht langweilig oder geradezu nervtötend. sorry peter!
|
iron maiden
the final frontier

|
|
weltklasse mit fehlstart
eigentlich gehört sich das ja nicht, aber in diesem besonderen fall müssen wir mal die realität etwas, nun ja, "anpassen". wir lassen also aus der besprechung dieses albums den völlig misslungenen und schnarchlangweiligen opener und das ebenfalls nicht übermäßig inspirierte zweite stück weg und tun einfach so, als ob das 15. studioalbum der jungfrauen mit track 3 starten würde. lang genug wär's so auch.
denn was sich dann tut – oder besser: dem hörer offenbart - gehört ohne übertreibung zum besten, was der metal und auch die heavy-institution aus huddersfield in den letzten 20 jahren auf tonträger gebannt hat.
mit dem im ganzen schon ganz schönen, aber refraintechnisch noch steigerungsfähigen "mother of mercy" angefangen, ist spätestens ab der fliegerhymne "coming home" alles zu spät. wohl noch nie hat jemand die faszination fürs fliegen grandioser in einen song gegossen (reinhard mey eingeschlossen) als der pilot der "ed force one"!
mit dem straighten und hochmelodischen maiden-rocker "the alchemist" – über die begegnung der beiden alchimisten john dee und edward kelly im 16. jahrhundert - ist ein neuer potenzieller live-kracher geboren und die darauf folgende serie von longtrack-epen lässt selbst verwöhnten langjährigen maiden-fans tränen der rührung in die augen schießen. das atmosphärisch-mystische, von der artussage inspirierte "isle of avalon", der offbeat-kracher "starblind" und die beiden unfassbaren meisterwerke "the talisman" und "the man who would be king" (nach einem 60er-jahre-abenteuerfilm) erreichen locker das niveau ewiger maiden-hymnen à la "fear of the dark" und auch das traurige schlusskapitel "where the wild wind blows" zeigt auf beeindruckende weise, dass die jungs auch nach über 30 jahren nichts von ihrer kompositorischen und spielerischen finesse eingebüßt haben.
der prototyp aller metal-bands spielt eindrucksvoller denn je und untermauert einmal mehr seinen gottvaterstatus im pantheon der rockmusik.
|
kettcar
fliegende bauten (live)

|
|
fliegende fahnen
die besten songschreiber der republik in intimer atmosphäre mit orchester – was kann dabei schon schiefgehen? nix, wenn man sich "fliegende bauten" zu gemüte führt und sich dabei gleich die tracklist vergegenwärtigt: ein großartiger song folgt dem nächsten und selbst wenn die (für ein orchesterarrangement wohl zu punkigen) übernummern "ich danke der academy" und "kein außen mehr" fehlen, bleiben dank "48 stunden", "landungbrücken raus" und vor allem dem kleinod "balkon gegenüber" noch genügend highlights übrig, um "fliegende bauten" zu einer der essentiellen platten 2010 werden zu lassen. einziger kritikpunkt: viel zu kurz. chapeau!
|
mr. irish bastard
a fistful of dirt

|
|
a fistful of fun
aller guten dinge sind drei? ob dies nach dem hoffnungsvollen debut und dem großartigen zweitwerk auch für das opus der "pogues aus münster" gilt?
nachdem das traditionelle intro im waterboys-stil nicht ganz mit dem überragenden opener der "bastard brotherhood" mithalten kann, gibt das knackige "bite the dust" gleich die richtung der nächsten dreiviertelstunde vor: uptempo-folkpunk mit hohem melodie- und pogofaktor – nichts anderes hat man erwartet und gewollt. und diese publikumserwartung erfüllen die bastards mit etlichen mitsing-ohrwürmern, wie dem sich langsam steigernden "skin & bones", dem spaßmacher "forty something street" und vor allem dem überragenden moshpit-aufwühler "i smell the blood".
für die ruhigeren momente sind diesmal zwei besondere perlen im studio entstanden: das großartige "ghosttrain" hätten die pogues in ihren besten tagen nicht schöner und trauriger spielen können und auch der rausschmeißer "isn't it grand, boys?" besticht durch diese mischung aus traurigkeit und lebensfreude, die so überzeugend nur irische und schottische musiker zustande bringen, warum auch immer.
fazit: die bastards haben sich mit ihrem dritten streich endgültig in der riege der großen ihrer zunft etabliert und müssen selbst vergleiche mit den legendären pogues oder den live-matadoren von flogging molly nicht mehr scheuen.
|
orphaned land
the neverending way of orwarrior

|
|
heilig's metal!
dass israel eher für orientalische folklore oder seichte popmusik als für metal bekannt ist, wundert den fan angesichts eines albums wie "the neverending way..." der israelischen metal-institution orphaned land schon ein wenig. denn das, was der fünfer aus dem heiligen land da gezaubert hat, klingt wie eine perfekte melange aus opeth, dream theater und peter gabriels großartigem "passion"-soundtrack. sehr melodisch, sehr orientalisch aber auch sehr heavy (incl. growls) öffnet sich dem abenteuerlustigen hörer ein füllhorn musikalischer ideen, das in einem der besten metal-tracks aller zeiten gipfelt (zu dieser aussage stehe ich!): dem ersten teil des doppel-epos "the path".
dass auf hebräisch gesprochene passagen im rahmen eines solchen albums bisweilen etwas übertrieben pathetisch klingen, verzeiht man den israelis gern, zumal ihr stil bislang absolut einzigartig ist und wieder einmal zeigt, dass ein mix aus metal und folklore – egal welcher - perfekt funktionieren kann. bands wie skyclad oder amorphis haben's einst vorgemacht.
fazit: ein großartiges und vielschichtiges album mit hohem soundtrack-faktor - und der vorgänger "mabool" von 2004 ist ebenso gut. |
|